Balkone nachträglich anbauen.  Was muss beachtet werden?  Was sagt das Baurecht ?

Balkone nachträglich anbauen.  Was muss beachtet werden?  Was sagt das Baurecht ?

12.06.2018 08:33:08

Was muss ich beim nachträglichen Balkonanbau beachten ? 
Was sagt das Baurecht

Der nachträgliche Anbau von Balkonen stellt in der Regel baurechtlich kein großes Mysterium dar, allerdings gilt es vor dem Bau verschiedene Aspekte zu betrachten und zu unterscheiden. Daher gehen wir an dieser Stelle auf die unterschiedlichen Begrifflichkeit ein:

-Bauanzeige
-Bauantrag
-Untergeordnete Bauteile
-Abstandsfläche
-Baugenehmigung
-vereinfachtes Verfahren
-Grenzabstand
-Statik


1. Die Bauanzeige:

Die Bauanzeige ist die formloseste aller Mitteilungen an die Behörde. Mit einer textlichen und idealerweise auch bildhaften Darstellung wird der Gemeinde oder der Stadt schriftlich mitgeteilt, dass man eine bauliche Veränderung an einem Grundstück oder an einer Immobilie vornehmen möchte. Dies gilt für Veränderungen, die genehmigungsfrei sind und ohne Baugenehmigung errichtet werden dürfen.


2. Der Bauantrag:

Mit dem Bauantrag wird der formale Weg eines Genehmigungsverfahrens vorbereitet. Für Balkonanlagen kann dies bei großen Balkonen erforderlich werden, wenn die Balkonanlagen die Größe von untergeordneten Bauteilen überschreiten. In diesem Fall muss ein Bauantrag gestellt werden.Bestandteile eines Bauantrages für Balkonanlagen sind :

- Grundrisse- Ansichten- Schnitt/e- Lageplan- kurze Baubeschreibung- Statik

Den Bauantrag kann ein Architekt, ein planender Ingenieur oder ein Techniker mit entsprechender Qualifikation erstellen.



3. Untergeordnete Bauteile:


Von „untergeordneten Bauteilen“ im Sinne der Bauordnung spricht man, wenn eine Balkon nicht weiter als 1,50 m aus der Fassade herauskragt, also über die Fassade ragt. Solange Balkone, die dann ausserdem nicht länger als maximal 5,00 m sind, dann gelten solche Balkone als untergeordnete Bauteile. Ergänzend ist zu berücksichtigen, dass der Balkon maximal 30 % der Gebäudebreite der Aussenwand in Anspruch nehmen darf, an der er montiert werden soll.Abschließend muss der Balkon 2,00 m von der Nachbargrenze entfernt bleiben.

Wenn also diese drei Kriterien für einen Balkonanbau erfüllt sind:* endet max 1,50 m vor der Fassade,* nicht länger, als 5,00 m oder max. 30 % der Aussenwand,* muss 2,00 m von der Nachbargrenze entfernt sind, dann gilt der Balkon als untergeordnetes Bauteil, für das keine Abstandsfläche berücksichtigt werden muss.


Überschreitet hingegen der Balkon nur eine dieser genannten Punkte, dass muss die Tiefe der Abstandsfläche für den Balkon berücksichtigt und berechnet werden.


4. Die Abstandsfläche:

Die Abstandsfläche regelt den Abstand eines Gebäudes zur Nachbargrenze. Sie hängt von der Höhe der Aussenwand des Gebäudeteiles ab und wird idR für Giebel- und Traufseiten separat berechnet. Für untergeordnete Bauteile muss keine separate Berechnung der Abstandsfläche erfolgen (Siehe Punkt 3).Die Abstandsfläche ist in aller Regel mit dem Faktor 0,4 H zu berechnen, also 0,4 x der jeweiligen Wand- oder Bauteilhöhe (wobei die Wandhöhe der gedachten Verlängerung der Aussenwand bis zur Dacheindeckung zu berechnen ist).(Den Faktor, mit der die Abstandsfläche zu berechnen ist, regelt die jeweilige Landesbauordnung. Bis auf Bayern (1,0), Nordrhein-Westfalen (0,8) und Niedersachsen (0,5) gilt bundeseinheitlich der Faktor 0,4 für die Bemessung der Abstandsfläche, wobei noch zu unterscheiden ist, ob es sich um eine Ortsrandlage oder ein Kerngebiet handelt. Hier kann der Faktor nochmal deutlich kleiner ausfallen, was vor der Planung beim Bauamt abgefragt werden sollte. )


Hierzu drei Beispiele

Beispiel A:
Es soll eine 3-geschossige Balkonanlage an ein Bestandsgebäude angebaut werden, an dem vorher noch keine Balkon vorhanden waren. Die Balkone sind 4,95 m lang und 1,50 m tief, die Fassade ist 15 m lang.In diesem Fall gelten die Balkone als untergeordnete Bauteile. Der Anbau kann ohne Berücksichtigung der Abstandsfläche erfolgen, wenn der Grenzabstand von 2,00 eingehalten ist.Dies gilt insbesondere auch für die seitlichen Grenzabstände.

Beispiel B:
Es soll eine 3-geschossige Balkonanlage an ein Bestandsgebäude angebaut werden, an dem vorher noch keine Balkon vorhanden waren. Die Balkone sind 4,95 m lang und 1,50 m tief, die Fassade ist 12 m lang.In diesem Fall können die Balkone NICHT als untergeordnete Bauteile gelten, da die Länge der geplanten Balkonanlage 30% der Fassadenlänge überschreitet, an der die Balkonanlage angebaut werden soll.

Beispiel C: 
Es soll eine 3-geschossige Balkonanlage an ein Bestandsgebäude angebaut werden, an dem vorher noch keine Balkon vorhanden waren. Die Balkone sind 5,10 m lang und 2,00m tief, die Fassade ist 15 m lang.In diesem Fall gelten die Balkone ebenfalls NICHT als untergeordnete Bauteile. Ausgehend von der Höhe der Balkonanlage ist diese mit 0,4 x der Höhe der Anlage zu berechnen.

Wäre die Balkonanlage z.B. 9,00 m hoch, dann würde wie folgt gerechnet werden: 9,00 x 0,4 = 3,60 m.Die Tiefe der zu berücksichtigenden Abstandsfläche zur Grenze wäre mit 3,60 m zu berücksichtigen. 

Was bedeutet das ? Abstandsflächen dürfen gegenseitig nicht überschneiden oder auf das Grundstück eines Nachbarn fallen. In diesem Fall müsste die Balkonanlage in der Tiefe planerisch soweit reduziert werden, dass die errechnete Abstandsfläche NUR auf das eigenen Grundstück fällt.


5. Die Baugenehmigung:

Wird von der jeweiligen Genehmigungsbehörde erteilt. Mit der Genehmigung wird dem Bauantrag als formaler Akt für die Errichtung oder Veränderung an einem Bauwerk zugestimmt.Rechtzeitig vor dem Beginn muss der Starttermin der genehmigten Maßnahme bei der zuständigen Bauaufsicht schriftlich angezeigt werden. Ebenso ist die Fertigstellung einer genehmigten Anlage schriftlich dem Bauamt mitzuteilen.

6. Das vereinfachtes Verfahren:

In einem vereinfachten Verfahren, wird eine Baugenehmigung nicht separat erteilt. Hier hat der Planer im Vorfeld alle Anforderungen eines Bebauungsplanes (B-Plan) zu prüfen und in der mit der Planung einzuhalten. Der Planer bestätigt der Genehmigungsbehörde in seinen Unterlagen, dass er alle Forderungen des B-Plans eingehalten hat. Hierdurch wird die Genehmigungsphase deutlich verkürzt und es kann früher mit dem Bau der Balkone begonnen werden.Dieses Verfahren gilt allerdings NUR, wenn ein rechtskräftiger B-Plan für das Grundstück existiert. 


7. Der Grenzabstand:

Die bindenden Grenzabstände sind aus dem B-Plan zu entnehmen. In Bereichen, in denen kein gültiger B-Plan existiert, können Unsicherheiten am schnellsten durch Nachfragen beim örtlichen Bauamt ausgeräumt werden.In aller Regel beträgt der Grenzabstand bundesweit 3,0 m. In Baden-Württemberg, Hamburg und in einigen Regionen in Bremen ist ein Grenzabstand von 2,50 m zulässig.

Die genauen Anforderungen erfragen Sie im Vorfeld der Planungen am besten beim örtlichen Bauamt um Irrtümer zu vermeiden.


8. Die Balkonstatik

oder der Standsicherheitsnachweis der Balkonanlage. Er ist unbedingter Bestandteil für jede Planung - unabhängig ob ein Planungsverfahren nur als Bauanzeige, im vereinfachten Verfahren oder im normalen Genehmigungsverfahren erfolgt.

Hier geht es um Sicherheit. Die Statik ist integraler Bestandteil jedes unserer Angebot und soll Ihnen auch ein Qualitätsversprechen unserer Leistungen dokumentieren.Selbstverständlich können Sie den statischen Nachweis auch selber von einem Fachmann erbringen lassen und uns für unsere Arbeiten zu Verfügung stellen, wenn Sie z.B. ohnehin im Zuge einer Sanierung oder Umbaumaßnahme eine Statik benötigen.In der Regel sind wir mit den Arbeiten aber zügiger, wenn wir die Statik selber durch unsere Statiker erstellen lassen Einige Balkonhersteller arbeiten auch mit Typenstatiken. Das bedeutet dann, dass der Balkon grundsätzlich immer gleich in den Abmessungen und Materialen ist. Ein Abweichen - eine persönliche Individualisierung ist bei diesen Standardbalkonen mit Typenstatik NICHT möglich. 


Fazit: 


Für alle Veränderungen außerhalb einer ggf. vorhanden Bausubstanz benötigen Sie die Unterstützung durch einen Fachmann. 

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